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Dokumentation: NOZ vom 09.01.2017

Ein Artikel von Markus Strothmann

Überwältigt von der Freundlichkeit der Menschen in Gambia

Verein Avanti! ermöglicht drei jungen Physiotherapeuten ein Praktikum in Banjul

Jana Wittenberg, Imke Bullerdiek (vorne) und Rene Schniederberend (nicht im Bild) waren sechs Wochen im westafrikanischen Gambia. Foto: Royal Victoria Teaching Hospital

 

Zurück in Osnabrück: Rene Schniederberend und Imke Bullerdiek mit Avanti!-Aktivistin Hildegard Winkler (Mitte). An der Wand hat Hildegard Winkler Eindrücke von eigenen Afrikareisen dokumentiert. Foto: Markus Strothmann

mstr Osnabrück. Drei junge Physiotherapeuten haben im Anschluss an ihre Ausbildung sechs Wochen in Gambias Hauptstadt Banjul verbracht. Dort absolvierten sie ein Praktikum im Royal Victoria Teaching Hospital. Inzwischen sind sie wieder zu Hause und haben unserer Redaktion von ihren Erlebnissen berichtet.

Für Imke Bullerdiek, Rene Schniederberend und Jana Wittenberg war der Aufenthalt eine besondere Erfahrung. Gambia gilt als eines der ärmsten Länder der Welt, trotzdem fiel vor allem eines auf: „Die Freundlichkeit der Menschen ist unglaublich“, sagt Rene Schniederberend. Imke Bullerdiek: „Du kannst am Strand spazieren gehen, und fremde Menschen begleiten dich und erzählen dir was. Auch wenn du nichts verstehst, darauf kommt es nicht an.“

Neben der Arbeit im Teaching Hospital assistierten die drei in der orthopädischen Werkstatt der Gambian Association for the Physically Disabled (GAPD). Die medizinische Versorgung in Gambia ist mit der in Deutschland nicht annähernd vergleichbar. So gibt es keine umfassenden Polio-Impfungen und kaum Geburtshilfe und -nachsorge. Es fehlt an fast allem. „Für Physiotherapeuten gibt es richtig viel zu tun“, sagt Hildegard Winkler. An der IWK-Physiotherapieschule gehörte sie zu den Ausbildern der drei Reisenden; außerdem engagiert sie sich im Osnabrücker Verein Avanti! unter anderem für Solidarität mit Gambia. Avanti hat auch den Aufenthalt organisiert.

Im Banjuler Hospital tauschten sich die deutschen „Physios“ mit den einheimischen Kollegen aus. „In Deutschland arbeiten wir eher aktiv mit den Patienten, dort arbeiten sie eher passiv“, sagt Rene Schniederberend. „Aktiv“ heißt in diesem Fall: Der Patient muss auch was machen. Beim passiven Ansatz lässt er die Behandlung eher über sich ergehen.

Herausfordernd: Die Amtssprache in Gambia ist zwar Englisch, aber längst nicht alle Gambianer sprechen es auch. „Dann muss man sich irgendwie mit Händen und Füßen verständigen“, sagt Imke Bullerdiek. Immerhin denkbar, dass Physiotherapeuten bei dieser Art der Kommunikation geschickter sind als der Durchschnitt.

Der Aufenthalt fiel in die Zeit des Präsidentschaftswahlkampfes in Gambia. Der Diktator Yahya Jammeh verlor im November zwar eindeutig gegen Adama Barrow, erkennt das Ergebnis aber nicht an. Oppositionelle und Kritiker von Jammeh wurden und werden verhaftet und gefoltert. Die Besucher aus Deutschland bekamen davon nichts mit. „Wir hoffen natürlich, dass die Lage sich so entwickelt, dass weitere Reisen nach Gambia möglich sind“, sagt Hildegard Winkler.

Der Verein Avanti! als Entsendeorganisation arbeitet bereits seit mehr als zehn Jahren mit der Behindertenhilfsorganisation GAPD zusammen und unterstützt deren Arbeit, die unter schweren Bedingungen stattfindet. Den Kontakt zur physiotherapeutischen Abteilung hatte Hildegard Winkler bei einer eigenen Gambia-Reise im Februar 2016 hergestellt.